Der Mann im Spiegel.

Ich kann mich noch gut genug entsinnen, wie es war, als ich dir das erste Mal zugehört habe, dass du mit dem Mann im Spiegel sprichst.
Ihn darum bittest, seine Ansichten über die Welt und sich selber zu änder und zu einem besseren Menschen zu werden. 
Die Welt zu einem bessern Ort für dich und alle Menschen zu machen. Dein gebrochenes Herz zu kitten, Narben zu glätten und geplatze Träume wahr werden zu lassen.
Du hast ihn aufgefordert, sein Herz und seinen Verstand zu öffnen, sich zu ändern – hier und jetzt.

Ich kann mich noch gut entsinnen, wie es war, als ich dem Rythmus, der mich sofort eingefangen hat, gelauscht habe. Etwas abgehackt, durch deine mittlerweile weltberühmten und oft kopierten »Kickslaute«, die mich, das gebe ich zu, sehr amüsiert haben, unterbrochen. 

Heute morgen haben ich und die Welt erfahren, dass der Mann, der mit dem Mann im Spiegel spricht, uns nichts mehr zu sagen hat.
Michael Jackson ist tod.

Was bleibt ist wohl die Erinnerung an eine der tragischsten Gestalten, der Popmusik, die posthum noch mehr Tragik erfahren wird und selbst im Tod nicht die Ruhe finden wird, nach der er sich Zeit seines Lebens offenkundig so gesehnt hat.
Offene Geheimnisse, die immer solche bleiben werden, werden ans Licht gezerrt, schmutzige Details noch schmutziger präsentiert.

Was wirklich übrig bleibt ist die Musik von dem Mann, der mit dem Mann im Spiegel spricht.
Wohl das beste, kreativse und wegweisendste, was die Popmusik hervorgebracht hat, bevor er in das Tal der jammervollen, vor Selbstmitleid triefenden Klageballaden im Stile von »Heal the World« abgerutsch ist. Und bevor er wie ein schlechter Witz nur noch in den Zeitungen erwähnung fand, seine Existenz sich lediglich in peinlichen und skurielen Geschichten nachweisen ließ und für das Musikgeschäft lediglich die Fußnote mit dem am meisten verkauftesten Album war.

Ich werde heute abend in meinem CD-Regal kramen, und dem Mann im Spiegel eine Weile zuhören. 

Zitrusseife

Die Duftmischung:
20 gr Litsea Cubea
30 gr Zitronenöl Sfumatrice
15 gr Lemongrasöl
20 gr Orangenöl
10 gr Petit Grain
5 gr Benzoeharz in 5 gr Weingeist gelöst (optional)

1.000 gr Öle: 
200 gr Mandelöl 
200 gr Olivenöl 
100 gr Avocadoöl (grün, unraffiniert)  

350 gr Babassuöl 
150 gr Sheabutter  

Überfettung: 9% 
Wasser: 330 gr

Sommer. Nachts. Traum.

Ich sehne mich so nach diesen warmen Sommerabenden. Auf dem Balkon das Abendessen genießen, bei einem kühlen Glas Cidré oder Bier in die Nacht gleiten, dabei den gedämpften Geräuschen aus den benachbarten Wohnungen und der Nahe gelegenen Innenstadt still lauschen, spüren, wie es langsam immer dunkler wird. 
Jedes Grad, um das das Thermometer sinkt, ist ein kleines Kitzeln auf der Haut. Die Nachtfalter tanzen hektisch um das Kerzenlicht, bevor sie sich lautlos im Dunkeln davon machen.

Ein einfaches Lager dient als Bett, Räucherstäbchen sind angezündet, um die Mücken davon abzuhalten, meine Haut auf ihrer Suche nach Nahrung zu zerstechen. Ein letzter, immer wieder erstaunter Blick zum Himmel, dessen Farbe sich jetzt in tiefem dunklen blau, ja fast schwarz und frei von Wolken präsentiert, während die Sterne und Planeten ohne die tägliche Konkurrenz der Sonne, ungehemmt um die Wette leuchten.

Die Katze schaut vorbei, rollt sich zu meinen Füßen laut und wohlig schnurrend ein, noch ein tiefer Atemzug, die Luft ist leicht desodoriert mit den Düften der nachtblühenden Pflanzen, bevor ich in diesen an sauerstoffreichen, nahezu traumlosen Tiefschlaf falle.

Am Morgen mit der aufgehenden Sonne schlagartig wachwerden, ausgeruht sein, wie nach einem langen, wunderbaren Urlaub. Der Himmel ist noch leicht rot gefärbt. Langsam beginnt die Amsel, die ihr Zuhause im Kastanienbaum auf dem Nachbargrundstück gefunden hat, ihr tägliches Lied an zustimmen. Erst noch verhalten, so als wolle sie keine Aufmerksamkeit erregen, irgendwann verlieren sich ihre Hemmungen und der Gesang schwillt an.

Die Katze streckt sich aus, gähnt mich herzhaft an und hüpft mit einem kleinen begeistert klingenden Juchzer von der Liege, begrüßt die Topfpflanzen, gerade so als würde sie sie zum ersten Mal sehen. Die kleine weiche Nase tief in die Zitronenmelisse oder den Thymian gesteckt, erschnuppert sie sich die ersten langsam erwachenden Aromen des Tages.
Dann der lässige, auffordernde Blick auf mich gerichtet, der mir zu verstehen gibt, dass jetzt eine gute Zeit für ihr Frühstück ist. Ja, und für mich eine Tasse mit dampfenden Kaffee und in der Dusche wartet schon ein Stück erfrischender Zitronenseife, meine Lebensgeister endgültig zu wecken.
Traumhaft.

Ach, die Kreativen

Ich schon wieder. Nach längerer Abwesenheit, aber man stolpert ja nicht unbedingt täglich über Themen, die es lohnen, sich ihnen zu widmen.

Es sei denn – man hat das Pech in die Hände einer Personengruppe zu geraten, die fern von schlichten Gemütern wie dem meinen, ihre Zeit damit verbringt, ebenso schlichte Gemüter, mit gekonnt zusammengestellten redaktionellen Ergüssen, typographischen Headlineorgasmen, amoklaufenden Farben und »spannenden« Bildern zu manipulieren.
Das Ergebnis präsentieren sie stolz in Form von Anzeigen, Plakaten und Werbefilmen.
Zeitweise war diese Spezies – rein äußerlich zumindest – sehr leicht auszumachen. Es galt sich im Stubenfliegenlook oder Begräbnisoutfit zu wanden.

Die Kreativen.

Ich bin, wie schon erwähnt, ein schlichtes Gemüt. Umgebe mich gerne mit den schönen Dingen des Lebens, auf meine Weise. Die ist – das gebe ich zu, eher konventionell, überschaubar, durchschaubar und gradlinig.
Der Handwerker-Aufräum-Ordnungs-Typ eben.
Typographisch exellent geschult, 25 Jahre Berufserfahrung, aber dennoch für diese Personengruppe nicht ausreichend qualifiziert.
Mir fehlt offenkundig der Feingeist, so lautet der Beschluss. Die richtige und »spannende« Auswahl von Fotos für eine Anzeigenserie z.B., birgt nämlich ungeahnte Schwierigkeiten und ist gar nicht mal so einfach, da es sich um keine »normalen« Fotos handeln soll.

Mit anderen Worten: »Sie sind da nicht die richtige Person – weil sie sowieso keine Ahnung haben.« Und normal sein ist unerwünscht. Der Verbraucher ist es auch nicht, da die ganze Welt ein überdachtes Irrenhaus ist, dessen Ansprüchen und Feinsinn es zu genügen gilt. Eben nur nett, kreativ und nicht normal formuliert.

So geschehen gestern. Eine verführerisch leckere Schale mit frischen Oliven in einer »Lebensmittel bewerbenden Anzeige« ist zu normal. Kopulierende Gabeln, umgekippte Rotweingläser, kreisförmig arrangierte Scampis beim Gruppensex müssen herhalten. Das ist es, was den Verbraucher »anmacht«.

Wieder was gelernt fürs Leben. Oder habe ich jemandem beim »sich-selber-feiern« gestört? Auf die nackten Zehen getreten? Nicht laut genug gejubelt?

Hier ist meine Botschaft:
Ich mag ja unkreativ sein, aber nicht unintelligent. Zwischen den Zeilen zu lesen ist eine Fähigkeit, die auch mir gegeben wurde. Unverschämtheiten erkenne ich noch ehe sie zu Ende gedacht sind.

Ich mag normal sein, und die persönlichen und beruflichen Entscheidungen, die ich treffe sind ebenso normal, aber immer mit Rücksicht auf die anderen normalen Menschen. Wir wurden – vielleicht zu eurem Bedauern – noch nicht ausgerottet. 

Das bedeutet im übrigen auch nicht, dass ich gewöhnlich bin – so kann man »normal« nämlich auch deuten.
Wenn dem so wäre hätte ich schlicht und ergreifend verlauten lassen, was mir von anderer Seite empfohlen wurde, ich ziehe Punkte auf meinem »guten Karma-Konto« jedoch vor und bleibe lieb.

Ihr habt Glück, ihr lieben Kreativen: ich nehme es nur gerade mal 24 Stunden persönlich, das man mir bescheinigt, von nicht normaler Visualisierung nichts zu verstehen. Ergo von meinem Job nichts zu verstehen.
Ihr dürft euch weiter feiern und mir mit Anlauf dabei den Rücken runterrutschen und in den eigens dafür arrangierten Rotweinpfützen landen.

Ich goutiere Oliven eben mehr als Gabeln, da ich für erstere letzere nicht benötige.
Spannend finde ich übrigens die Romane von James Ellroy und Hemingways »Tod am Nachmittag«. 

Dumm gelaufen, gell?